In pädagogischen Handlungssystemen werden häufig strukturelle Voraussetzungen für die Arbeit stark bewertet, wobei man dem gegenüber Interaktionssysteme außer Acht lässt. Will man Jugendliche beispielsweise in das System Schule reintegrieren, betrachtet man Bildungsvoraussetzungen, Wissen und Lernfähigkeit.
Fixiert auf strukturelle Voraussetzungen, wie messbare Tatbestände, so etwa: „Ah, Du kannst nicht gut lesen oder brauchst Nachhilfe in Mathe u.ä.“, führen jedoch dazu, dass man etwas Wichtiges übersieht. So werden häufig folgende Fragen nicht gestellt:
Welche Fähigkeiten hat der Jugendliche, sich in einem Klassenverband zurechtzufinden? Kann er sich in die Institution Schule einfügen? Ist er in der Lage, einen von außen zeitlich strukturiertenTagesablauf auszuhalten usw.
Was geschieht, wenn er solche Fähigkeiten (noch) nicht hat, welche Freiräume oder welche Unterstützung benötigt ein Jugendlicher, um sich dennoch in ein Lernsystem einordnen zu können?
Strukturelle Bedingungen und soziale Kompetenzen erscheinen in der Lebendigkeit der Praxis als ein Ganzes und nicht wirklich voneinander trennbar. Analytisch sollte man jedoch drei Fragen stellen:
Welche Voraussetzungen braucht der Jugendliche, um später die für ihn bestmögliche Partizipation an gesellschaftlichen Ressourcen wie z.B. Erwerbsarbeit zu erreichen?
Wie fähig ist er, in den verschiedenen Handlungsfeldern zu agieren und Erfolg in dieser Interaktion herzustellen?
Wie können wir ihn darin unterstützen, seine sozialen Kompetenzen zu vergrößern?
Durch das Auseinanderziehen dieser drei Fragen ergibt sich über die Antworten die genaue Analyse dessen, was der Jugendliche braucht, um seine Möglichkeiten zu vergrößern. Neben strukturellen Interventionen orientiert sich unser Konzept an einem Systemmodell der Persönlichkeit, das Konzept der individuellen Selbstbefähigung.
In den letzten Jahren richtet die Psychotherapieforschung ihren Blick darauf, wie im Selbstmanagement Veränderungen von Menschen nicht gradlinig, sondern in bestimmten Phasen verlaufen. Diese müssen dem Jugendlichen bewusst gemacht werden, gleichzeitig muss er dabei unterstützt werden, vom Bedürfnis zur zielgerichteten Handlung zu gelangen.
(2) Zusammengefasst nach M. Storch u. F. Krause, Selbstmanagement – ressourcenorientiert, Verlag Huber, 3. korrigierte Auflage, Bern 2005, S. 38
Diese Auflistung von Fähigkeiten scheint sehr abstrakt, deshalb möchten wir zum genaueren Verständnis an einem Beispiel konkreter erklären, was damit gemeint ist. Was hat man sich zum Beispiel unter der Hilfe bei der Entwicklung von Genussfähigkeit vorzustellen? Kanfer u.a. (Selbstmanagement-Therapie, Berlin 1981) geben dazu vor:
Konkrete Übungen hierzu können ohne jegliche Schwierigkeiten gefunden werden. Das kann ein gut gedeckter Tisch ebenso sein, wie das Abbrechen von Alkoholkonsum im Zustand weitgehender Nüchternheit. Wer es nicht selbst erlebt hat, wird sich kaum vorstellen können, wie verblüffend für die meisten Jugendlichen die Einsicht ist, dass Genussfähigkeit zu den Lernzielen gerechnet wird.
Ein Pädagoge sollte bestrebt sein, den Jugendlichen damit zu verwundern, wie man auch ein Ziel erreichen kann. Nur so kann man Lebendigkeit in der Pädagogik konstruieren, die der Lebensphase der Jugend entspricht.
Im pädagogischen Ansatz zur individuellen Selbstbefähigung wird der Jugendliche als ein selbstbestimmtes Subjekt aufgefasst, dem zu höheren Freiheitsgraden des eigenen Handelns verholfen werden soll.
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