„Die Rezeption der Tiefenpsychologie im klassischen ‚case work‘ sowie der Einfluss der Frankfurter Schule in den 70er Jahren haben dazu geführt, dass Sozialarbeit immer mehr nach den Ursachen der Defizite fragt und den Anspruch entwickelte, die Ursachen zu beseitigen. In vielen Fällen sind die Ursachen von Deprivation und Hilfebedürftigkeit (so sie tatsächlich zu identifizieren sind) durch soziale Arbeit überhaupt nicht zu beseitigen. Sehr wohl ist es jedoch möglich, stabilisierende Elemente in der Person, im personalen Beziehungssystem und im sozialen, sozioökonomischen und soziokulturellen Umfeld zu aktivieren und damit wirksam zu helfen. Als besonders stabilisierend scheint sich hierbei die Alltagskultur des miteinander Umgehens auszuwirken.“
(aus: Arbeitsgemeinschaft für Erziehungshilfen (AFET) e.V. – Bundesvereinigung, Neue Schriftenreihe, Heft 52, 1996, „Pädagogik auf neuen Gleisen“, S. 52)
Der Ausgangspunkt einer jeden Pädagogik ist ihr Menschen- und Weltbild. Wenn wir Kindheit und Jugend als Vorbereitung auf das Erwachsensein begreifen, so handelt es sich hierbei um einen ständigen Lernprozess. „Hilfe zur Selbsthilfe“ ist dabei eine alte und von allen Fachleuten akzeptierte Orientierung im Rahmen der sozialpädagogischen, sozialarbeiterischen und therapeutischen Leistungen. Der Einzelne oder auch Familien können sich nur selbst helfen, wenn Stärken und Potenziale vorhanden sind, die zur Problemlösung aktiviert werden können. Die Ziele einer Hilfe werden im Beratungsprozess von den Adressaten selbst entwickelt und formuliert. Sie sollten so definiert werden, dass sie mit den vorhandenen oder bereit zu stellenden Ressourcen auch erreicht werden können. In der ressourcenorientierten Fallarbeit werden sowohl individuelle, familiale und Ressourcen des sozialen Umfelds berücksichtigt als auch die materiellen und infrastrukturellen.
Die ressourcenorientierte Fallarbeit stärkt mit ihrem Anspruch, dass Menschen selbst mit entsprechender Hilfestellung Lösungen finden können, die Selbständigkeit und Autonomie der Adressaten. Die Stärken werden in den Vordergrund gestellt und nicht die Defizite. Es wird nach pragmatischen Wegen gesucht, Probleme zu bewältigen mit dem Wissen, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, ein Problem zu lösen.
Diese methodischen Ansätze sind gut im Rahmen des Case Managements einzusetzen, das wiederum mit den Ansätzen der flexiblen sozialräumlichen Erziehungshilfen korrespondiert. Ein Betreuer als eine verbindliche, zu dem Jugendlichen stehende Person und die Konzentration auf vorhandene Kapazitäten bietet sogar Raum dafür, dass Probleme an Bedeutung verlieren oder gar ganz verschwinden. Ein defizitorientierter Blick geht davon aus, dass wenn man die Ursache für eine Entwicklung gefunden zu haben glaubt, diese Entwicklung umkehrbar sei. Das würde dem „Herausschneiden“ von Erlebnissen gleichkommen. Nach den Ursachen hat jede Entwicklung noch einmal ihre eigene Dynamik. Insofern ist sie niemals rückführbar.
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